Wieso gab es eigentlich keine 20 Pfennig Münze? (Was ist mit anderen "seltenen" Nominalen?)

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Normalerweise werden die Nominale in den meisten modernen Währungen ja immer grob verdoppelt:
0,01 -> 0,02 -> 0,05 -> 0,10 -> 0,20 oder 0,25 -> 0,50 -> 1,00 -> 2,00 -> 5,00

Das hat den Vorteil, dass man so weniger Münzen braucht, um beliebige Beträge zu zahlen.
Hätte ich zu DM Zeiten 9,99 DM bezahlen wollen, wären das in dem Fall mit der geringsten Gesamtanzahl verwendeter Münzen:

  • 0 * 1 Pfennig
  • 2 * 2 Pfennig
  • 1 * 5 Pfennig
  • 4 * 10 Pfennig
  • 1 * 50 Pfennig
  • 0 * 1 DM
  • 2 * 2 DM
  • 1 * 5 DM
Während ich also sonst mit 0-2 Exemplaren auskomme, brauche ich 4 Exemplare 10 Pfennig Münzen. Das liegt daran, dass es zu DM Zeiten keine 20 Pfennig gab. Beim Sprung von 1 Pfennig auf 5 Pfennig oder von 1 DM auf 5 DM gibt es den Zwischenschritt jeweils.

Deshalb wirkt es so, als gäbe es mit dem Mangel einer 20 oder 25 Pfennig Münze eine Lücke.

Warum ist das so?

Im Kaiserreich gab es 20 Pfennig Münzen und später 25 Pfennig.
Die erste Version der 20 Pfennig war aus Silber und sehr klein (16mm). Laut Jaeger Katalog war sie daher unbeliebt in der Bevölkerung, da man sie leicht verlieren konnte.
ABER: Das galt auch für die 5 Mark Münzen aus Gold am Anfang. Die späteren größeren Silbermünzen scheinen sich ja gut durchgesetzt zu haben.
Auch von den 20 Pfennig Münzen gab es später noch zwei neue Versionen (nicht aus Silber), die einen größeren Durchmesser hatten (23,1 und 23mm).
Diese wurden aber nur bis 1892 geprägt.

Später gab es dann noch die 25 Pfennig Münze, die laut Jaeger aber auch unbeliebt war:
"Schon vor der Einführung des 25-Pfennig-Stücks entspann sich
eine heftige Diskussion über Zweckmäßigkeit und technische
Ausführung der Münze. An dem ausgeschriebenen Wettbewerb
nahmen 456 Künstler teil. Der mit dem ersten Preis ausgezeich-
nete Entwurf wurde nicht ausgeführt. Kaum war das Stück aus-
gegeben, entbrannte ein Sturm der Entrüstung: Die Münze wur-
de einhellig abgelehnt. In einem Bericht von 1911 heißt es: „Die
25-Pfennig-Stücke sind wenig beliebt und strömen allenthalben
an die öffentlichen Kassen zurück. Es ergeht daher die Anord-
nung, sich seitens der öffentlichen Kassen in möglichst großem
Umfange der 25-Pfennig-Stücke zu bedienen.“ Da kein Bedarf
vorhanden
war, wurde nach 1912 kein weiterer Auftrag zur Aus-
prägung erteilt und schon 1916 – hauptsächlich wegen des
kriegswichtigen Nickels – begann die Einziehung."

Okay, offenbar waren einige mit dem Design nicht zufrieden. Vielleicht war es einfach so, dass sowohl 25 als auch 20 Pfennig (in Version 2 und 3) die "größten Münze aus Nicht-Edelmetall" war, was dazu geführt hat, dass die Münze unbeliebt war.
Aber wieso gab es keinen Bedarf? Meine Rechnung oben zeigt ja eigentlich, dass es einen Zweck gibt. Klar kommt man auch ohne 20 Pfennig aus, aber genauso käme man auch ohne 2 Pfennig oder 2 Mark aus.

Auch zu Weimarer Republikzeiten gab es die Nominale nicht mehr.
Das Saarland hatte nach dem zweiten Weltkrieg 20 Franken Münzen, genauso wie die DDR 20 Pfennig Münzen hatte. Ich vermute aber mal, dass das eher von den 20 Centimes aus Frankreich und den 20 Kopeken der UDSSR inspiriert war (das ist nur eine Annahme!).
Die Bundesrepublik hat zu DM Zeiten komplett auf dieses Nominal verzichtet.
Erst seit dem Euro gibt es auch in Deutschland wieder eine 20 Cent Münze.

Wie kommt das?
Die Schweiz oder die USA hatten in den Zeiträumen bereits 20 / 25 Rappen / Cents und haben sie durchgehend geprägt, sahen also einen Bedarf.

Liegen die Gründe vielleicht weiter zurück, vielleicht zusammenhängend damit, dass das Dezimalsystem für viele Deutsche im Kaiserreich ein Novum war?
Vielleicht ähnlich wie Großbritanien vor der Dezimalisierung: da gab es keine 20 Pence, weil 12 Pence einfach ein Shilling waren und mit Shillings hat man seperat weiter gerechnet, die 20/25 steckte vielleicht einfach nicht so in den Köpfen der Leute?

Ich kann es mir nicht richtig erklären, vielleicht hat ja jemand von euch Theorien oder kennt historische Gründe.

(Ich weiß nicht, ob das Unterforum richtig ist, es betrifft ja eigentlich das Kaiserreich genauso wie dir BRD... gerne bei Bedarf verschieben)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hat den Vorteil, dass man so weniger Münzen braucht, um beliebige Beträge zu zahlen.
Hätte ich zu DM Zeiten 9,99 DM bezahlen wollen, wären das in dem Fall mit der geringsten Gesamtanzahl verwendeter Münzen:

  • 0 * 1 Pfennig
  • 2 * 2 Pfennig
  • 1 * 5 Pfennig
  • 4 * 10 Pfennig
  • 1 * 50 Pfennig
  • 0 * 1 DM
  • 2 * 2 DM
  • 1 * 5 DM
Wenn ich zu DM Zeiten 9,99 zahlen musste habe ich einfach einen 10 DM Schein genommen und 1 Pfennig zurückbekommen. Ich habe also gar keine Münzen gebraucht um diese Summe zu bezahlen. Ich kann mich nicht erinnern das eine Kasse irgendwo mal keine Pfennige hatte.
 
Wenn ich zu DM Zeiten 9,99 zahlen musste habe ich einfach einen 10 DM Schein genommen und 1 Pfennig zurückbekommen. Ich habe also gar keine Münzen gebraucht um diese Summe zu bezahlen. Ich kann mich nicht erinnern das eine Kasse irgendwo mal keine Pfennige hatte.
Das ist zwar richtig und witzig, beantwortet aber nicht die Ausgangsfrage.
 
Das ist zwar richtig und witzig, beantwortet aber nicht die Ausgangsfrage.
Zu 99,9% oder mehr haben das aber alle so gemacht. Daher war der Bedarf für einen Deutschen "Quarter" so nicht gegeben.
Man muss nämlich auch bedenken das in den USA der Half-Dollar im Umlauf nur wenig anzutreffen ist, zumindest seit den späten 60ern, d.h. da ist durchaus ein anderer Bedarf da an Quartern, insbesondere historisch bedingt auch für Mautstellen etc..

Die DDR hat das 20 Pfennig Stück auch erst 1969 eingeführt, die Hauptanwendung war nicht passend bezahlen sondern telefonieren (die öffentlichen Fernsprecher haben eben nur diese Münze (und m.E. auch den den 50er) genommen, deswegen ist sie auch die Ausnahme in schwererem Metall und nicht Aluchip damit sie der Automat erkennt), und da fast niemand ein Telefon in der Wohnung hatte war der Bedarf hoch.
 
Sie wurde schlicht nicht gebraucht. Den heutigen 20er (sowohl Münze als auch Schein) finde ich auch überflüssig. Die 20 Cent Münzen wandern immer direkt in den Sparstrumpf meines Nachwuchses. Am Geldausgabeautomaten wähle ich immer nur 5er und 10er. Alles über 50 € wird mit Karte bezahlt. So kommt man nie in die „kann ich nicht wechseln“-Bredouille.
 
Aber gilt nicht jedes Argument gegen das 20 Cent Stück genauso gegen das 2 Cent Stück? Die sind doch genauso viel oder wenig überflüssig. Gibt es kein 2 Cent Stück, nehme ich halt zwei 1 Cent.

Aber niemand käme auf die Idee, das 2 Cent / Pfennig Stück abzuschaffen (abgesehen von der Idee, 1 und 2 Cent generell abzuschaffen, aber niemand fände es "richtig" 1 Cent/Pfennig Stücke zu haben, aber keine 2 Cent/Pfennig).

Warum sind die 20 Pfennig für die DM anders als die 2 Pfennig für den Groschen?
 
Aber gilt nicht jedes Argument gegen das 20 Cent Stück genauso gegen das 2 Cent Stück? Die sind doch genauso viel oder wenig überflüssig. Gibt es kein 2 Cent Stück, nehme ich halt zwei 1 Cent.

Aber niemand käme auf die Idee, das 2 Cent / Pfennig Stück abzuschaffen (abgesehen von der Idee, 1 und 2 Cent generell abzuschaffen, aber niemand fände es "richtig" 1 Cent/Pfennig Stücke zu haben, aber keine 2 Cent/Pfennig).

Warum sind die 20 Pfennig für die DM anders als die 2 Pfennig für den Groschen?
Weil Endbeträge auch oft auf x,98 oder x,97 oder x,96 enden und man dann weniger Münzen zum Herausgeben braucht als wenn es nur 1 Pfennig gäbe...
 
Weil Endbeträge auch oft auf x,98 oder x,97 oder x,96 enden und man dann weniger Münzen zum Herausgeben braucht als wenn es nur 1 Pfennig gäbe...
Das wäre ein Argument für die Notwendigkeit von 2 Cent vs 20 Cent der letzten Jahrzehnte. Aber wenn ich mir hier z.B. Lebensmittelpreise der 60er ansehe, ist das x,95 oder y,99 Preisprinzip noch nicht so alt:
Und die Abneigung gegen die 20 Pfennige gibt es ja scheinbar bereits seit der Kaiserzeit.
 
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Eine Diskussion zu dieser Frage wurde schon früher geführt :


Leider ohne Ergebnis.
 
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