Plauderthread: Diskussion zu Saal- und Onlineauktionen - Kein Ebay & Co.

Während in den vergangenen Monaten bis Oktober in Bezug auf Auktionen mit Münzen für meine Heimatsammlung nach meinem Empfinden kaum etwas Interessantes passierte, kam es jetzt Anfang November knüppeldick – in einem positiven Sinne.
Zuerst stand die Künker-Auktion elive 84 und dann die Frankfurter Auktion 158 auf dem Programm.
Auf beide möchte ich näher eingehen. Dass ich erst jetzt etwas hierzu schreibe, liegt an den Zuschlägen, die ich in diesen beiden Auktionen erhalten habe und die ich erst einmal archivieren muss. :)

In der Künker-Auktion wurde der komplette Bestand an Münzen aus dem Fund von Borstel 1992 angeboten.

Borstel liegt heute im Landkreis Diepholz an der B 214 zwischen Sulingen und Nienburg, war aber vor 600 Jahren Teil der Grafschaft Hoya.
Im Juni 1992 wurde dort beim Pflügen eines Ackers ein Tongefäß mit 937 Münzen gefunden.
Im Fund waren nach der Auflistung der Numismatischen Kommission enthalten:
Rheinische Gulden (14 Exemplare)
Utrecht, Postulatsgulden (2 Exemplare)
Groschen (92 Exemplare) (meist Oldenburger Groten)
Swaren (818 Exemplare) (größtenteils Stadt Bremen)
Hohlpfennige (11 Exemplare)

Als Schlussmünzen wurden genannt:
Münster, Johann Graf von Hoya als Stiftsverweser (1450-1456), Weißpfennig
Oldenburg, Gerhard der Mutige (1450-1482), Groten

Da Künker in der Auktionsbeschreibung stets „Münzfund von Borstel“ angegeben hatte, war es nicht schwierig, diese Münzen aus dem Auktionsangebot herauszufiltern. Es ergab sich eine fast vollständige Überstimmung mit den Angaben der NK. Ich habe euch meine Auflistung angehängt.

Daraus erkennt man, dass die Swaren und Groten im Wesentlichen aus der näheren und etwas weiteren Umgebung stammen.
762 Swaren davon kamen allein aus Bremen, die Künker in 7 Paketen zu 100 Stück und 1 Paket mit dem Rest von 62 Stück zusammengestellt hat. Interesse an diesen für einen Startpreis von 300 Euro (also 3 Euro pro Münze!) angebotenen Paketen bestand so gut wie nicht: Nur ein einziges Paket wurde zugeschlagen.
Weit mehr Interesse gab es für die kleineren Gebiete aus dieser Region: Diepholz, Hoya, Oldenburg, Stade und Verden. Und hier vorrangig für die überdurchschnittlich erhaltenen Stücke.

Für mich war dabei insbesondere das Angebot an Hoyaer Münzen von Interesse, da dies meine Heimat ist.
Allerdings hatte es auch ein anderer „Heimatsammler“ auf diese Stücke abgesehen - und der verfügte über mehr Finanzkraft / Bietkampfwille / Ausdauer als ich (und ich hatte auch noch die Frankfurter Auktion kurz danach im Hinterkopf).
So ersteigerte er die besser erhaltenen Stücke, während ich mich dann mit zwei weniger guten Stücken zufrieden geben musste. Ich habe mir dazu noch einen Swaren aus Verden gesichert. Die drei Münzen werde ich in den nächsten Tagen bei den Neuzugängen vorstellen.

Mal schauen, ob hier überwiegend private Sammler am Werk waren. Bisher habe ich nur einige Oldenburger Groten bei einem Osnabrücker Händler gesehen.
 

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In der 158. Auktion der Frankfurter Münzhandlung wurde die Sammlung Richard B. Smith versteigert.

Smith ist der Autor von „THE COINAGE OF THE ANGLO-HANNOVERIAN PERSONAL UNION 1714 – 1837“.
Und da verwundert es nicht, dass seine Sammlung „Die Münzen des Hauses Braunschweig-Calenberg-Hannover in der Zeit von 1714-1837“ umfasst.
Und da dieser Zeitraum auch ein Kernelement meiner Sammlung ist, war diese Auktion DAS Highlight der vergangenen Jahre für mich.

Wie es sich für einen Sammler, der sogar ein großes Werk über sein Sammelgebiet verfasst hat, gehört, hatte Smith fast alle Typen aus der 123jährigen Zeit der Personalunion zusammengetragen, von Gold- und Großsilber- bis hinunter zu den Kleinmünzen. Das Ganze ergänzt um einige Münzen aus der Zeit von Georg Ludwig als Kurfürst und weitere „Anhängsel“ wie z. B. die Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Westfalen.

Allein schon für die Sichtung der Lose brauchte ich viel Zeit, da das Auktionsangebot so umfangreich war und viele selten angebotene Typen, Jahrgänge, Münzmeisterzeichen oder Varianten verschiedener Art umfasste. Zudem waren viele interessante Münzen in Lots enthalten, so dass ich auch diese Lots intensiv durchschauen musste.

Dabei waren dem Auktionshaus auch einige Münzen „durchgerutscht“, die – zumindest für mich – ganz besondere Münzen darstellen. Auch für Richard Smith scheinen diese Münzen besonders gewesen zu sein, da er für diese Stücke nicht selten hohe Preise zu zahlen bereit gewesen war.

Mit der Sichtung des Auktionsangebots und der Identifizierung interessanter Lose war es aber nicht getan, denn meine Liste umfasste weit mehr als 100 Wunschlose. Für diese Lose reichten meine finanziellen Mittel bei weitem nicht aus, obwohl ich erhebliche Gelder für diese Auktion „zusammengesucht“ habe. Ich musste daher aus einer Liste, die nur Rosinen umfasste, auch noch die leckersten Rosinen herauspicken.

Erschwerend kam hinzu, dass ich am Tag der Auktion aufgrund eines beruflichen Termins verhindert war, an der Auktion direkt teilzunehmen (zumindest am Vormittag). Ich musste daher mit Vorgeboten arbeiten, ohne zu wissen, wie sich diese spezielle Auktion hinsichtlich des Interesses der Bieter und der damit verbundenen Preise entwickeln würde.

Ich vermutete, dass Münzen, die das an Münzen der Welfen nur allgemein interessierte Publikum ansprechen, durchaus hoch beboten werden. Überdurchschnittlich erhaltene Reichstaler, insbesondere Ausbeutetaler, und gängige Typen schieden für mich daher schon mal aus. Solche Rosinen links liegen zu lassen, fiel mir nicht leicht. In anderen Auktionen wären dies für mich bevorzugte Münzen gewesen.

Ich richtete mein Augenmerk daher verstärkt auf die mir als Sammler mit Variantenmacke außergewöhnlich und/oder selten erscheinenden Lose – in der Hoffnung, dass das an Münzen der Welfen besonders interessierte Publikum nicht so zahlreich vertreten sein würde oder diese Münzen nicht entdeckt haben oder diese nicht als so außergewöhnlich und/oder selten wahrgenommen haben würde.

Aber selbst diese verminderte Auswahl konnte ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln nicht abdecken. Daher musste ich meine Gebote weiter eingrenzen, wobei mir dann ein konsequentes Festhalten an einer Strategie nicht mehr gelang und ich mich in Einzelfallentscheidungen verlor.

Als ich mich dann am Mittag des Auktionstages einloggte, war ich überrascht über die Zuschläge, die ich schon erhalten hatte, und die teils niedrigen Zuschlagspreise. Niedriger jedenfalls als meine Erwartungen. Die hochinteressanten Lose waren zu diesem Zeitpunkt in der Auktion schon durch, aber im Laufe des Nachmittags konnte ich dann noch direkt eingreifen und das eine oder andere Los direkt ersteigern.

Als ich dann am Ende die Auktion durcharbeitete, stieß ich auf einige interessante Lose, die am Vormittag nicht zugeschlagen worden waren und die ich mir quasi im Nachverkauf zum Startpreis (90% des Schätzpreises) sichern konnte. Das freute mich! :)
Ich sah aber auch Lose, die bereits zum Startpreis zugeschlagen worden waren und für die ich deutlich mehr zu zahlen bereit gewesen wäre. Das tat mir weh! :crying:
Ein lachendes und ein weinendes Auge!

Mein Gesamteindruck: Das Angebot war zu groß. Es war zu viel auf einen Schlag, um vom Markt zu angemessenen Preisen aufgenommen zu werden. Ich mag es nicht „Verschleudern“ nennen, aber da hätte man m. E. mehr für den Einlieferer herausholen können.

Sicherlich sind einige Lose für gutes Geld weggegangen, aber es sind auch viele Lose liegen geblieben (76 Lose) bzw. für maximal den Startpreis verkauft worden (116 Lose). Die genannten 192 Lose machen bei insgesamt 693 Losen immerhin 27,7% des Angebots aus.

Noch ein bisschen Statistik:
Den höchsten absoluten Zuschlag mit 9.000 Euro erzielten 40 Franken aus dem Königreich Westfalen.
Den höchsten absoluten Aufschlag auf den Schätzpreis erreichten 2 Goldgulden aus der Zeit Georgs II. (2.400 Euro höher als der Schätzpreis).
Den höchsten relativen Aufschlag auf den Schätzpreis erreichten 16 Gute Groschen 1820 mit 767% auf den Schätzpreis. Dieser Schätzpreis war mit 150 Euro für einen seltenen AKS 9 in Toperhaltung allerdings auch sehr niedrig gewählt.
Zu den anderen beiden Münzen kann ich nichts sagen (Gold ist nicht mein Sammelgebiet).

So, dann mache ich mal mit der Aufbereitung meiner Neuzugänge weiter, damit ich euch in der kommenden Zeit auch etwas präsentieren kann...
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die beiden überaus spannend zu lesenden Berichte. Ich bin gespannt, was du uns alles schönes zeigen wirst :)
 
Das zum Thema Kulturgut, besonders schützenswert, Münzkabinett ...

Früher oder später interessiert sich kein Mensch mehr dafür, in diesem Fall halt eher früher.
Auf der NK-Seite im Bereich „Administrative Daten“ findet sich die Information, dass der Fund im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover verblieben ist.

Ich hatte mich daher an das NLMH gewandt und von dort die Versicherung bekommen, dass das Landesmuseum keine Münzen verkauft hat.
Eigentümer der Münzen scheint somit jemand anderes zu sein – und dieser Jemand wollte den Münzfund anscheinend zu heute gültigem Geld machen.
 
Bei der kommenden 157. WAGO kommt ein sächsischer Königstaler unter den Hammer.


Zu diesem Stück gibt es ein paar interessante Aspekte:

Ich konnte bisher in meiner Datenbank insgesamt 19 verschiedene Exemplare dieser seltenen Münze erfassen. Von diesen 19 Exemplaren ist dies einerseits das besterhaltene Stück mit einem Grad von MS66 (Top Pop). Andererseits ist es trotz der besten Erhaltung bisher das am meisten angebotene Stück. Auch wenn meine Liste sicher nicht alle Auktionen erfasst, so ist dies mittlerweile die 6. Auktion, in der das Stück angeboten wird, davon allein die 3. Auktion innerhalb der letzten zwei Jahre!

Okt. 1988 - 47. Bank Leu, Los 2258 (Zuschlag unbekannt)
Nov. 2011 - 58. Grün, Los 1501 (Zuschlag 8.000 EUR)
Okt. 2013 - 325. Hess Divo, Los 876 (Zuschlag 12.000 CHF)
Jan. 2023 - 3105. Heritage, Los 31170 (Zuschlag $ 7.250)
Jun. 2024 - 408. Künker, Los 937 (Zuschlag 7.750 EUR)
Feb. 2025 - 157. WAGO, Los 817 (Startpreis 9.000 EUR - Zuschlag wird ergänzt)

Am interessantesten finde ich jedoch die damalige Erhaltungsangabe der Bank Leu im Jahre 1988. Während die Münze bei Grün und Hess Divo noch im ungeslabbten Zustand mit "EA" angeboten wurde und seit Januar 2023 mit MS66 unterwegs ist, lautete die Einschätzung der Bank Leu damals auf ein glattes "vorzüglich".

Sollte tatsächlich jemand bereit sein, diesen hohen Startpreis zu bieten, bin ich gespannt, wann und wo sie dann das nächste Mal auftaucht. Ich werde berichten...
 
Sollte tatsächlich jemand bereit sein, diesen hohen Startpreis zu bieten, bin ich gespannt, wann und wo sie dann das nächste Mal auftaucht. Ich werde berichten...

Das Stück blieb bei der Auktion unverkauft. Offenbar wollte niemand die 11.070 Euro inkl. Aufgeld bezahlen. Jetzt ist es aber für schlappe 12.750 Euro bei MA zu haben (ID 3236200908).
 
naja, einige Teile der Münze kann man nicht sehen, da durch Plastikhalter verdeckt. Sowas stößt ab, ebenso wie die wenig aussagefähigen Fotos. "Spekulatius" ist bei so einem Preis nichts.
 
Welter unterscheidet 3 Typen der Brillentaler.
Der 1586er Taler mit der Datumsangabe 14. Juni im Feld ist ein eigenständiger Typ (Typ I).

Passt zwar nur bedingt zum Thema "Auktionen", aber ich nehme Bezug auf den o.g. Beitrag zum Thema "Brillentaler". Ich war heute in Chemnitz, wo noch bis zum 29.06.2025 die Bergbau-Ausstellung "Silberglanz & Kumpeltod" stattfindet. Bestandteil dieser Ausstellung ist natürlich auch der Silberbergbau und die damit verbundene Herstellung von Münzen und Medaillen. Ein paar Exemplare wurden dazu ausgestellt. So auch ein "Brillentaler", den ich hier gern zeigen möchte.

Geprägt wurde dieser Typ mit verschiedenen Stempeln, so dass man Varianten unterscheiden kann

Meines Erachtens müsste dieses Exemplar mit denselben Stempeln geprägt worden sein wie das Stück aus der 29. Sincona-Auktion.
 

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So auch ein "Brillentaler", den ich hier gern zeigen möchte.
Von Chemnitz ist es ja nicht mehr so weit ins Erzgebirge, wo der Wilde Mann auch eine Zeit lang gelebt haben könnte. ;)

Der Brillentaler von 1586 fehlt immer noch in meiner Sammlung. Er ist glücklicherweise aber nicht so selten, so dass ich die Hoffnung habe, eines Tages ein Exemplar erwerben zu können.

Zur Verwendung desseben Stempels: Das sehe ich auch so.

Interessant finde ich die Erläuterung zur Münze und die Übertragung des Wahlspruchs des Herzogs Julius auf den Wilden Mann und das Geld an sich. Ob das vom Herzog bei der Gestaltung der Münze so gedacht war, weiß ich nicht.

Da wir im Plauderthread zu den Auktionen sind, hier noch die Info, dass ich in der VIA-Auktion e21 einen Taler ersteigert habe, den ich euch hoffentliich in ein paar Tagen vorstellen kann. Nicht schön, aber besonders (zumindest für mich) und selten.
 
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