Münzhändler vor Gericht: Hakenkreuz auf historischen Münzen als Straftat?

Tobias Honscha

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Liebe Forenmitglieder,

heute möchte ich euch von einem Fall berichten, der die Absurditäten unseres Rechtssystems aufzeigt. Es geht um einen Strafbefehl, den ich aufgrund der Abbildung historischer Münzen aus dem Dritten Reich erhalten habe.

Seit 1992 betreibe ich meinen Handel mit Münzen und verkaufe unter anderem Taler, Münzen aus dem Kaiserreich, Euromünzen und auch Stücke aus dem dritten Reich. Für Sammler ist die originalgetreue Darstellung essenziell, weshalb wir die Münzen abbilden, wie sie sind - zwangsläufig auch mit Hakenkreuzen.

Am 19. August 2024 erstattete ein "besorgter Bürger" in Bremen Anzeige wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). Die Polizei nahm den Fall sofort auf, und es folgte eine regelrechte Behörden-Odyssee:

Der Fall nahm dann eine absurde Dynamik auf:
  • 18. August 2024 Versand an die Polizei Abteilung Zentrale Dienste Staatsschutz
  • 22. August 2024: Akte landet beim LKA, Abteilung „Politisch motivierte Kriminalität“
  • 3. September 2024: Weitergabe an die Staatsanwaltschaft Bremen
  • 11. September 2024 Diese gibt den Fall direkt an die Staatsanwaltschaft Hannover ab
  • 19. September 2024: Offizielle Einstufung als „politisches Verfahren“
  • 14. Oktober 2024: Anordnung zur Vernehmung durch die Polizei an meinem Wohnort in Isernhagen
  • 22. Oktober 2024: Vorladung als Beschuldigter
Der Vorwurf lautete: "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen." Erst auf telefonische Nachfrage wurde mir erklärt, dass es um die Abbildungen von Münzen mit Hakenkreuz gehe. Da ich mir keiner Schuld bewusst war, verweigerte ich am 1. November 2024 die Aussage bei der Polizei, bot jedoch eine Stellungnahme vor der Staatsanwaltschaft an.

Anfang Dezember folgte der Strafbefehl:

"Die Staatsanwaltschaft Hannover beschuldigt Sie, am 19.8.2024 auf der von Ihnen betriebenen Webseite www.emuenzen.de Abbildungen von drei Münzen aus dem Dritten Reich mit gut sichtbarem Hakenkreuz veröffentlicht zu haben. Vergehen gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB."

Dafür soll ich 3.750 Euro Strafe (50 Tagessätze à 75 Euro) zahlen. Sollte die Zahlung ausbleiben, droht eine Ersatzfreiheitsstrafe.

Ich habe natürlich mit einem spezialisierten Anwalt Einspruch eingelegt und unsere Verteidigungsschrift übermittelt.

Das Besondere an diesem Fall:
  • Die Staatsanwaltschaft hat mich nie direkt angehört.
  • Die Stellungnahme meines Anwalts wurde ignoriert. (zumindest kam keine Rückmeldung des Staatsanwaltes oder eine Einstellung des Verfahrens)
  • Es wurde scheinbar darauf verzichtet, die rechtliche Situation sachlich zu prüfen.
Die Gerichtsverhandlung findet am 26. Februar 2025 um 14:00 Uhr am Amtsgericht Burgwedel (Raum B05) statt.

Was mich ärgert: Die Staatsanwaltschaft hat nie mit mir gesprochen, meine Stellungnahme ignoriert und offenbar direkt eine Hauptverhandlung angestrebt. Gerichte bis zum BGH bestätigen doch: Historische Münzen mit NS-Symbolen dürfen im Handel abgebildet werden! Warum also jagt man mit Steuergeldern einen unbescholtenen Händler, während echte Straftäter oft jahrelang frei bleiben? Ich distanziere mich klar von NS-Ideologie – es geht mir rein um Numismatik. Das sollte auch ersichtlich sein, wenn man meinen Online-Shop aufruft.

Der Staatsanwalt aus Hannover sah das anders. Er meinte sinngemäß: Die Münzen mit Hakenkreuz auf meiner öffentlich zugänglichen Website seien ein klarer Verstoß, die Ausnahme für sozialadäquates Verhalten greife beim kommerziellen Verkauf nicht, und frühere Urteile seien hier nicht anwendbar. Aufgrund „eindeutiger Beweise“ wurde der Strafbefehl beantragt, meine Finanzen wurden pauschal geschätzt.

Ich werde mich entschieden dagegen wehren und halte euch auf dem Laufenden.
 

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Die Gerichtsverhandlung​

Heute, am 26. Februar 2025, hat die Verhandlung stattgefunden – und sie verlief anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Richterin war sehr gut informiert und hatte meinen Shop eingehend untersucht. Dabei stellte sie fest, dass ich die Münzen aus der NS-Zeit nur sachlich mit technischen Daten beschreibe und keineswegs reißerisch präsentiere. Zudem machen diese Münzen nur einen kleinen Teil meines Angebots aus. Ich verbreite keine NS-Ideologien und verherrliche diese Zeit nicht.

Mein Anwalt, das Gericht und der Staatsanwalt haben sich direkt zur Verhandlung noch einmal auf einem PC im Gerichtssaal von diesen Tatsachen überzeugt. Ich wurde zu meinem Handel mit Münzen allgemein befragt und konnte betonen, dass ich mir NS-Inhalte nicht zu eigen mache.

Interessanterweise war der zuständige Staatsanwalt nicht derjenige (Erster Staatsanwalt B.), der mir den Strafbefehl eingebracht hatte. Stattdessen war es ein anderer, der sich nach eigener Aussage selten so tief in die Materie eingearbeitet hatte. Er hatte alle von meinem Anwalt erwähnten Urteile geprüft und kam in einem ausführlichen Plädoyer zu dem Schluss, meinen Freispruch zu beantragen.
Mein Anwalt hielt ebenfalls ein Abschlussplädoyer und betonte, dass der Staatsanwalt bereits viele relevante Punkte angesprochen hatte.

Auch die Richterin fasste noch einmal alle Aspekte zusammen: Die Sozialadäquanz sei gegeben, ich mache mir die NS-Inhalte nicht zu eigen, ich informiere nur sachlich, und die Münzen machen nur einen kleinen Teil meines Angebots aus. Dies führte schließlich zu einem Freispruch. Alle Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist wiederhergestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Trotzdem ,Ihr Fall ist aber für mich ein Beispiel was und was hier falsch läuft in dem Land.
Gesunder Menschenverstand (hier der Kontex der Abbildungen) wird volkommen ignoriert und Zsammenhänge hergestellt die es so nicht gibt.
Nur gut das es noch Leute gibt die mitdenken, siehe Beitrag 2.
 
Trotzdem ,Ihr Fall ist aber für mich ein Beispiel was und was hier falsch läuft in dem Land.
Gesunder Menschenverstand (hier der Kontex der Abbildungen) wird volkommen ignoriert und Zsammenhänge hergestellt die es so nicht gibt.
Nur gut das es noch Leute gibt die mitdenken, siehe Beitrag 2.
Stimmt.
Meine persönliche Meinung ist, dass das Verhalten vom Erstem Staatsanwalt B. aus Hannover in meinem Fall scharfe Kritik verdient. Ohne je direkt mit mir Kontakt aufzunehmen oder die Stellungnahme meines Anwalts zu berücksichtigen, trieb er ein Strafbefehlsverfahren voran, das auf äußerst wackliger Grundlage stand. Offensichtliche Rechtsprechung – etwa Urteile, die den Handel mit historischen Münzen als sozialadäquat anerkennen – ignorierte er offenbar vollständig. Stattdessen verließ er sich scheinbar auf eine oberflächliche Anzeige, ohne die Sachlage sorgfältig zu prüfen. Ich bin der Ansicht, dass diese Nachlässigkeit ein unnötiges Verfahren, verschwendete Steuergelder und eine unberechtigte Belastung für mich als Händler zur Folge hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Trotzdem ,Ihr Fall ist aber für mich ein Beispiel was und was hier falsch läuft in dem Land.
Gesunder Menschenverstand (hier der Kontex der Abbildungen) wird volkommen ignoriert und Zsammenhänge hergestellt die es so nicht gibt.
Nur gut das es noch Leute gibt die mitdenken, siehe Beitrag 2.
Nein, so ist das nicht. Der Anzeigende ist ein Denunziant wider besseren Wissens.

Da kannst du von Glück reden, dass Bremen das sofort nach Niedersachsen verschoben hat. In Bremen wärde das bestimmt anders ausgegangen. Dort kannst du fast nicht mehr ungestraft pupsen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mein Vertrauen wäre zumindest beschädigt.

Das ganze hätte man mit gesundem Menschenverstand auch außergerichtlich einstellen können.
Soweit ich das sehe, war der Freispruch für mich nicht nur ein Sieg, sondern die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse die optimale Lösung! Ich weiß nicht, wer meinen Anwalt bei einer Einstellung des Verfahrens bezahlt hätte.
 
Herzlichen Glückwunsch zum Freispruch.

Auch wenn ich kein Jurist bin und zu dem § 86a StGB bisher keinerlei "Zugang" hatte, sagt mir der gesunde Menschenverstand, dass hier richtig geurteilt wurde. Alles andere hätte einen bundesweiten Rattenschwanz an weiteren Prozessen bedeutet.
 
Stimmt.
Meine persönliche Meinung ist, dass das Verhalten von Erstem Staatsanwalt B. aus Hannover in meinem Fall scharfe Kritik verdient. Ohne je direkt mit mir Kontakt aufzunehmen oder die Stellungnahme meines Anwalts zu berücksichtigen, trieb er ein Strafbefehlsverfahren voran, das auf äußerst wackliger Grundlage stand. Offensichtliche Rechtsprechung – etwa Urteile, die den Handel mit historischen Münzen als sozialadäquat anerkennen – ignorierte er offenbar vollständig. Stattdessen verließ er sich scheinbar auf eine oberflächliche Anzeige, ohne die Sachlage sorgfältig zu prüfen. Ich bin der Ansicht, dass diese Nachlässigkeit ein unnötiges Verfahren, verschwendete Steuergelder und eine unberechtigte Belastung für mich als Händler zur Folge hatte.
Eine Diensttaufsichtsbeschwerde hat schon für die Zukunft viel geholfen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Herzlichen Glückwunsch zum Freispruch.

Auch wenn ich kein Jurist bin und zu dem § 86a StGB bisher keinerlei "Zugang" hatte, sagt mir der gesunde Menschenverstand, dass hier richtig geurteilt wurde. Alles andere hätte einen bundesweiten Rattenschwanz an weiteren Prozessen bedeutet.
Danke! Es gibt aber Anwälte, die im Internet genau gegenteiliger Meinung sind.

Ich habe mich sehr tief in die Materie eingearbeitet und bin mir, natürlich als juristischer Laie, sehr sicher, dass er sich irrt
(Das kann ich natürlich auch mit etlichen, aktuelleren Urteilen belegen)

;)
 
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