Brrr... Frost... es wird Zeit, dass es wieder in den Süden geht.
Sonntag, 19.10.2025
Jackpot... Der Flieger ist bis auf den vorletzten Platz ausgebucht. Der freie Platz ist neben mir. Los geht es allerdings mit Verspätung. Die hat die Maschine schon auf dem Herflug aus der Türkei mitgebracht. Es ist ein angenehmer Flug mit gutem Blick auf die Tatra, Karpaten, Bukarest und die Donau. Bei der Landung ist nicht zu viel zu sehen. Istanbul ist bedeckt. Aber zumindest der Regen ist schon durch gezogen.
Etwas zu spät gelandet - aber kein Problem, meine Reisebegleitung hat auch Verspätung. Ihr Flieger kommt ca. 10 Minuten nach mir runter. Durch die Passkontrolle geht's fix und am Gepäckband treffen wir aufeinander. Noch schnell das Auto abgeholt und dann geht's auch schon los, leider ein paar Minuten zu spät für den großartigen Sonnenuntergang, der unter der Wolkendecke vorblitzt.
Auf der gut ausgebauten Autobahn geht es recht flott Richtung Bursa. Den 80-km-Umweg über İzmit können wir uns aber glücklicherweise sparen, denn seit 2016 überquert die fünftgrößte Hängebrücke der Welt das Marmarameer. Sie ist nach Osman, dem Begründer des Osmanischen Reiches benannt und misst fast 3km.
Bevor es direkt nach Bursa geht, biegen wir noch einmal ab. Am Berghang des Uludağ gibt es das Dorf Cumalıkızık. Früher gab es hier in der Gegend zahlreiche derartiger Siedlungen, heute ist es die letzte ihrer Art. So haben wohl die Dörfer in frühosmanischer Zeit ausgesehen. Verwinkelte Kopfsteinpflastergassen, überhängende bunte Erker, Weinreben und Feigenbäume. Eigentlich hatten wir hier auf Abendessen gehofft, aber die Saison ist wahrscheinlich schon vorbei.
Dann checken wir eben doch schnell im Hotel in Bursa ein und genießen dort das erste Kebab der Reise.
Bursa ist ein ziemlicher Moloch an Stadt - mit über drei Millionen Einwohnern die viertgrößte der Türkei. Das Hotel ist nicht das zentralste, aber ziemlich nett. Es ist mit Figuren des Karagöz ve Hacivat dekoriert, dem türkischen Schattenspieltheater.
Montag, 20.10.2025
Der Verkehr in Bursa ist bis jetzt erstaunlich gesittet und selbst einen Parkplatz finden wir schnell. Unseren Vormittagsspaziergang starten wir im Osten an der Yeşil Türbe, dem grünen Grab, dem Grab Sultan Mehmets I. (1389-1421). Kurz zuvor war Bursa noch Hauptstadt des Osmanischen Reiches gewesen, bevor 1365 Edirne erobert wurde. Istanbul durfte noch ein paar Jahre Byzanz sein.
Na sowas, Ponte Vecchio? Krämerbrücke? Rialtobrücke? Nein, Irgandı Köprüsü. Auch Bursa kann mit einer bebauten Brücke aufwarten. Sie stammt ursprünglich aus dem 15. Jahrhundert, wurde aber nach Erdbebenzerstörungen und Bombardierung der Griechen im türkischen Unabhängigkeitskrieg erst 1949 wieder aufgebaut. Die Läden sind alle noch zu, wir sind einfach zu zeitig dran. Oder zu spät... Die Saison ist vielleicht schon vorbei. Das hat aber auch den Vorteil, dass wir nicht 1000 Touristen im Bild haben.
Direkt im Zentrum merkt man Bursa seine 3,2 Millionen Einwohner gar nicht so an. Durch den Basar lässt es sich gut schlendern. Das Marktviertel aus frühosmanischer Zeit ist Weltkulturerbe und Vorbild für viele andere, wie zum Beispiel den Großen Basar von Istanbul. Sehr schön ist auch der Koza Hanı, die "Karawanserei des Seidenkokons". Bursa war früher ein zentraler Handelsplatz der Seidenstraße.
Kommerz und Gebet liegen nah beieinander. Gleich hinterm Koza Hanı befindet sich die Große Moschee von Bursa. Nicht die großen Kuppeln und schlanken Minarette von Sinan, sondern frühosmanisch und von den Seldschuken beeinflusst, wie ich es in Zentralanatolien letztes Jahr gesehen habe. Errichten ließ sie Sultan Bayezid I., der 1396 gelobt hat, im Falle eines Sieges bei der Schlacht bei Nikopolis (Nikopol, Bulgarien) 20 Moscheen zu bauen. Es ist bei dieser einen Moschee geblieben, die allerdings 20 Kuppeln bekommen hat. Interessant ist, dass der Şadırvan, der Reinigungsbrunnen, mitten in der Moschee ist. Für Männer und Frauen gibt es unterschiedliche Eingänge. Das ist ein bisschen komisch, denn im Innenraum treffen alle wieder ohne Trennung aufeinander.
Bursa liegt am Fuße des Uludağ, der bis auf 2.500m aufsteigt. Bis jetzt sind wir recht eben durchs Zentrum gekommen, doch nun geht's ganz schön steil nach oben. Mit bestem Fernblick hat sich Osman I. (1258-1326) zur letzten Ruhe gebettet. Osman war Sohn eines oghusischen Hordenfürsten. Diese stammen ursprünglich aus der Gegend östlich des Kaspischen Meeres rund um den Aralsee und Choresm, also die Ecke, die ich im Frühjahr bereist habe. Mit der mongolischen Expansion kamen die Oghusen aber auch immer weiter nach Westen. Osman wurde schließlich von einem Seldschukensultan zum Bey (Fürsten) ernannt und begründete somit die osmanische Dynastie. Er herrschte über ein kleines Gebiet südöstlich von Bursa. Sein Sohn Orhan sollte die Stadt 1326 erobern und zur ersten osmanischen Hauptstadt machen.... Und jetzt beim Schreiben und Bilder sortieren fällt mir auf, dass wir gar nicht in Osmans Mausoleum waren, sondern Orhans. Der Vater liegt im Nachbargebäude
Raschen Schrittes geht es wieder quer durchs Zentrum zurück Richtung Auto. Doch bevor wir abfahren werfen wir noch einen Blick in die Grüne Moschee, noch so ein Meisterwerk frühosmanischer Architektur. Aber hier sieht man schon, wie wir uns von den seldschukischen Vorlagen entfernen. Die Moschee wurde auch von Mehmet I. errichtet, mit dessen Türbe wir unseren Rundgang begonnen hatten.
Nun kommt noch 'ne Brücke... Diesmal ist es die Nummer Eins auf der Rangliste. Mit 2023m Spannweite ist es die längste Hängebrücke der Welt und überspannt die Dardanellen zwischen Europa und Asien. Es ist ein Bauwerk der Superlative und der Symbole. Die 2023m nehmen Bezug auf die 100-Jahr-Feier der türkischen Republik 2023. Die komplette Länge der Brücke ist 3.869m, inklusive Rampen sogar 5.169m. Die Pylonen sind 318m hoch. Am 18.03.2017 fand der erste Spatenstich statt und eingeweiht wurde die Brücke am 18.03.2022. Das eigentliche symbolträchtige Datum ist aber der 18. März 1915, an dem in der Schlacht um Gallipoli ein britisches und ein französisches Schlachtschiff an eben jener Stelle versenkt wurden. Diese waren auf dem Weg, Konstantinopel zu erobern, da die Osmanen im Ersten Weltkrieg ja auf Seiten der Mittelmächte kämpften. Ergebnis der Schlacht waren 100.000 Tote und 250.000 Verwundete. Hier legte Atatürk auch die Grundlage für seinen Ruhm als Volksheld.
Die Dardanellen wiederum sind benannt nach Dardanos, einem Sohn von Zeus und der Titanin Elektra. Er gründete auf kleinasiatischer Seite die Stadt Dardania, aus der später Troas, bzw. Troja hervorging.
Nach der Fahrt über die Brücke sind wir jetzt wieder in Europa, genauer auf der Halbinsel von Gallipoli. Hier wütete Februar 1915 bis Januar 1916 die Schlacht von Gallipoli, bzw. von Çanakkale (Dardanellen) im türkischen Sprachgebrauch. An der Südspitze der Halbinsel besuchen wir das Denkmal der Märtyrer von Çanakkale, einen großen, schlichten Klotz, der erst 1960 nach einigen Skandalen, wie etwa veruntreuten Baumaterialien fertiggestellt wurde. Das Gedenkrelief ist definitiv auch eher Plastik als Bronze.
Den Sonnenuntergang warten wir jetzt allerdings nicht noch ab, sondern geben Gas, damit wir noch die Fähre erreichen, mit der es wieder zurück nach Asien geht.
Sonntag, 19.10.2025
Jackpot... Der Flieger ist bis auf den vorletzten Platz ausgebucht. Der freie Platz ist neben mir. Los geht es allerdings mit Verspätung. Die hat die Maschine schon auf dem Herflug aus der Türkei mitgebracht. Es ist ein angenehmer Flug mit gutem Blick auf die Tatra, Karpaten, Bukarest und die Donau. Bei der Landung ist nicht zu viel zu sehen. Istanbul ist bedeckt. Aber zumindest der Regen ist schon durch gezogen.
Etwas zu spät gelandet - aber kein Problem, meine Reisebegleitung hat auch Verspätung. Ihr Flieger kommt ca. 10 Minuten nach mir runter. Durch die Passkontrolle geht's fix und am Gepäckband treffen wir aufeinander. Noch schnell das Auto abgeholt und dann geht's auch schon los, leider ein paar Minuten zu spät für den großartigen Sonnenuntergang, der unter der Wolkendecke vorblitzt.
Auf der gut ausgebauten Autobahn geht es recht flott Richtung Bursa. Den 80-km-Umweg über İzmit können wir uns aber glücklicherweise sparen, denn seit 2016 überquert die fünftgrößte Hängebrücke der Welt das Marmarameer. Sie ist nach Osman, dem Begründer des Osmanischen Reiches benannt und misst fast 3km.
Bevor es direkt nach Bursa geht, biegen wir noch einmal ab. Am Berghang des Uludağ gibt es das Dorf Cumalıkızık. Früher gab es hier in der Gegend zahlreiche derartiger Siedlungen, heute ist es die letzte ihrer Art. So haben wohl die Dörfer in frühosmanischer Zeit ausgesehen. Verwinkelte Kopfsteinpflastergassen, überhängende bunte Erker, Weinreben und Feigenbäume. Eigentlich hatten wir hier auf Abendessen gehofft, aber die Saison ist wahrscheinlich schon vorbei.
Dann checken wir eben doch schnell im Hotel in Bursa ein und genießen dort das erste Kebab der Reise.
Bursa ist ein ziemlicher Moloch an Stadt - mit über drei Millionen Einwohnern die viertgrößte der Türkei. Das Hotel ist nicht das zentralste, aber ziemlich nett. Es ist mit Figuren des Karagöz ve Hacivat dekoriert, dem türkischen Schattenspieltheater.
Montag, 20.10.2025
Der Verkehr in Bursa ist bis jetzt erstaunlich gesittet und selbst einen Parkplatz finden wir schnell. Unseren Vormittagsspaziergang starten wir im Osten an der Yeşil Türbe, dem grünen Grab, dem Grab Sultan Mehmets I. (1389-1421). Kurz zuvor war Bursa noch Hauptstadt des Osmanischen Reiches gewesen, bevor 1365 Edirne erobert wurde. Istanbul durfte noch ein paar Jahre Byzanz sein.
Na sowas, Ponte Vecchio? Krämerbrücke? Rialtobrücke? Nein, Irgandı Köprüsü. Auch Bursa kann mit einer bebauten Brücke aufwarten. Sie stammt ursprünglich aus dem 15. Jahrhundert, wurde aber nach Erdbebenzerstörungen und Bombardierung der Griechen im türkischen Unabhängigkeitskrieg erst 1949 wieder aufgebaut. Die Läden sind alle noch zu, wir sind einfach zu zeitig dran. Oder zu spät... Die Saison ist vielleicht schon vorbei. Das hat aber auch den Vorteil, dass wir nicht 1000 Touristen im Bild haben.
Direkt im Zentrum merkt man Bursa seine 3,2 Millionen Einwohner gar nicht so an. Durch den Basar lässt es sich gut schlendern. Das Marktviertel aus frühosmanischer Zeit ist Weltkulturerbe und Vorbild für viele andere, wie zum Beispiel den Großen Basar von Istanbul. Sehr schön ist auch der Koza Hanı, die "Karawanserei des Seidenkokons". Bursa war früher ein zentraler Handelsplatz der Seidenstraße.
Kommerz und Gebet liegen nah beieinander. Gleich hinterm Koza Hanı befindet sich die Große Moschee von Bursa. Nicht die großen Kuppeln und schlanken Minarette von Sinan, sondern frühosmanisch und von den Seldschuken beeinflusst, wie ich es in Zentralanatolien letztes Jahr gesehen habe. Errichten ließ sie Sultan Bayezid I., der 1396 gelobt hat, im Falle eines Sieges bei der Schlacht bei Nikopolis (Nikopol, Bulgarien) 20 Moscheen zu bauen. Es ist bei dieser einen Moschee geblieben, die allerdings 20 Kuppeln bekommen hat. Interessant ist, dass der Şadırvan, der Reinigungsbrunnen, mitten in der Moschee ist. Für Männer und Frauen gibt es unterschiedliche Eingänge. Das ist ein bisschen komisch, denn im Innenraum treffen alle wieder ohne Trennung aufeinander.
Bursa liegt am Fuße des Uludağ, der bis auf 2.500m aufsteigt. Bis jetzt sind wir recht eben durchs Zentrum gekommen, doch nun geht's ganz schön steil nach oben. Mit bestem Fernblick hat sich Osman I. (1258-1326) zur letzten Ruhe gebettet. Osman war Sohn eines oghusischen Hordenfürsten. Diese stammen ursprünglich aus der Gegend östlich des Kaspischen Meeres rund um den Aralsee und Choresm, also die Ecke, die ich im Frühjahr bereist habe. Mit der mongolischen Expansion kamen die Oghusen aber auch immer weiter nach Westen. Osman wurde schließlich von einem Seldschukensultan zum Bey (Fürsten) ernannt und begründete somit die osmanische Dynastie. Er herrschte über ein kleines Gebiet südöstlich von Bursa. Sein Sohn Orhan sollte die Stadt 1326 erobern und zur ersten osmanischen Hauptstadt machen.... Und jetzt beim Schreiben und Bilder sortieren fällt mir auf, dass wir gar nicht in Osmans Mausoleum waren, sondern Orhans. Der Vater liegt im Nachbargebäude
Raschen Schrittes geht es wieder quer durchs Zentrum zurück Richtung Auto. Doch bevor wir abfahren werfen wir noch einen Blick in die Grüne Moschee, noch so ein Meisterwerk frühosmanischer Architektur. Aber hier sieht man schon, wie wir uns von den seldschukischen Vorlagen entfernen. Die Moschee wurde auch von Mehmet I. errichtet, mit dessen Türbe wir unseren Rundgang begonnen hatten.
Nun kommt noch 'ne Brücke... Diesmal ist es die Nummer Eins auf der Rangliste. Mit 2023m Spannweite ist es die längste Hängebrücke der Welt und überspannt die Dardanellen zwischen Europa und Asien. Es ist ein Bauwerk der Superlative und der Symbole. Die 2023m nehmen Bezug auf die 100-Jahr-Feier der türkischen Republik 2023. Die komplette Länge der Brücke ist 3.869m, inklusive Rampen sogar 5.169m. Die Pylonen sind 318m hoch. Am 18.03.2017 fand der erste Spatenstich statt und eingeweiht wurde die Brücke am 18.03.2022. Das eigentliche symbolträchtige Datum ist aber der 18. März 1915, an dem in der Schlacht um Gallipoli ein britisches und ein französisches Schlachtschiff an eben jener Stelle versenkt wurden. Diese waren auf dem Weg, Konstantinopel zu erobern, da die Osmanen im Ersten Weltkrieg ja auf Seiten der Mittelmächte kämpften. Ergebnis der Schlacht waren 100.000 Tote und 250.000 Verwundete. Hier legte Atatürk auch die Grundlage für seinen Ruhm als Volksheld.
Die Dardanellen wiederum sind benannt nach Dardanos, einem Sohn von Zeus und der Titanin Elektra. Er gründete auf kleinasiatischer Seite die Stadt Dardania, aus der später Troas, bzw. Troja hervorging.
Nach der Fahrt über die Brücke sind wir jetzt wieder in Europa, genauer auf der Halbinsel von Gallipoli. Hier wütete Februar 1915 bis Januar 1916 die Schlacht von Gallipoli, bzw. von Çanakkale (Dardanellen) im türkischen Sprachgebrauch. An der Südspitze der Halbinsel besuchen wir das Denkmal der Märtyrer von Çanakkale, einen großen, schlichten Klotz, der erst 1960 nach einigen Skandalen, wie etwa veruntreuten Baumaterialien fertiggestellt wurde. Das Gedenkrelief ist definitiv auch eher Plastik als Bronze.
Den Sonnenuntergang warten wir jetzt allerdings nicht noch ab, sondern geben Gas, damit wir noch die Fähre erreichen, mit der es wieder zurück nach Asien geht.
