Vor 10 Jahren gab es im Studium die Aufgabe, ein Referat über die Bildungspolitik eines Drittwelt- oder Schwellenlandes zu halten. Ich hab mich für Nordkorea entschieden. Zum einen war es schwierig, an gesicherte Informationen zu kommen und zum anderen war ich zu dem Zeitpunkt gerade auf einen Reisebericht aus diesem Land gestoßen, der sehr bizarr und interessant war.
Seitdem hatte ich den Wunsch, dieses Land einmal mit eigenen Augen zu sehen, zumal ich auch die Rückmeldung zum Referat bekommen hatte, dass sich meine Dozentin sehr an die DDR erinnert fühlte. Und da ich zur Wende erst 4 war, war es für mich auch interessant, einen Einblick in diese Geschichte zu bekommen.
Wie es so ist – man vergisst Wünsche und so ziehen die Jahre ins Land. Insofern muss ich Trump sogar fast dankbar sein, dass er mir dieses Ziel wieder in Erinnerung gerufen hat, mit dem Hintergedanken, dass ich es möglichst jetzt anschauen muss, bevor es zu spät ist.
Die moralischen Bedenken, die man ob des Reiseziels haben mag, kann jeder gern mit sich selbst ausmachen. Ich bin aber der Meinung, dass man mit einem Reiseboykott in diesem Fall mehr Schaden als Nutzen bringt. Bei der geringen Anzahl der Touristen (Wiki zitiert für 2014 4-6.000 Personen, meine Reiseführer erzählten von 30.000 – die Wahrheit liegt sicher irgendwo dazwischen), verdient das Regime nur unmaßgeblich. Und es ist definitiv gut, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, statt vom heimischen Sofa nur Parolen eines medial vorgefertigten Weltbildes nachzuplappern.
Man muss sich aber im Klaren sein, dass individuelles Reisen nicht möglich ist. Auch kann es zu spontanen Planänderungen kommen (wie es bei mir auch war) und man ist absolut von der Außenwelt abgeschnitten (kein Mobilfunknetz, kein Internet).
Die Reise wird über eine Agentur gebucht, bei der man auch Besichtigungswünsche abgeben kann. Diese leitet die Agentur an die nordkoreanischen Kontaktagenturen weiter, die ein Programm ausarbeiten.
Das hat alles erstaunlich unkompliziert geklappt. Auch das Visum war schnell ausgestellt. Und so ging es schließlich am Karfreitag los via Helsinki nach Peking, von wo aus die NK-Reisen in der Regel starten. Mit der nordkoreanischen Fluggesellschaft Air Koryo ging es dann nach Pyongyang. Die erste Beobachtung: Wahnsinn, was die Nordkoreaner alles als Gepäck einchecken. Stiegen voll mit Melonen, Kokosnüssen, Pomelos. Kisten, die groß genug sind, damit 5 Koreaner drin Platz finden…
In Korea gelandet, verlief die Einreise viel einfacher als erwartet. Im Vorfeld habe ich mir viele Gedanken gemacht, zB was die Erlaubnis anging, den Fotoapparat mit zu nehmen. Aber ich musste nur meine elektronischen Geräte deklarieren und meine Druckerzeugnisse durchschauen lassen. Aber man muss in diesem Moment natürlich auch so viel Verstand besitzen, dass man sich im Klaren ist, dass man, wenn in so ein Land reist, nicht unbedingt kritische oder respektlose Literatur mitnimmt.
Auf dem Flughafen wurden wir gleich von unseren Führern begrüßt. Ich bin zusammen mit meinem Bruder gereist. Wir haben für unseren Aufenthalt in Korea zwei Führer und einen Fahrer bekommen. Die Führer sprachen sehr gut Deutsch, der Fahrer nur Koreanisch (zumindest wurde uns das so gesagt. Vielleicht war er auch derjenige, der insgeheim alle überwacht hat).
Der erste halbe Tag war von einer Fahrt durch Pyongyang für einen ersten Überblick geprägt – u.a. zum Kim-Il-Sung-Platz, wo die ganzen Militärparaden immer stattfinden. Es ist schon beeindruckend. Pyongyang hat einen recht modernen Eindruck gemacht, gleichzeitig aber auch einen Charme ausgestrahlt, der eine Mischung aus osteuropäischer Platte und Asiatischem Nationalismus war. Überall Propagandatafeln und Portraits von Kim Il Sung und Kim Jong Il.
Abends gab es dann Essen im „Lokalrestaurant“. In der Regel waren wir die einzigen Gäste. Ab und zu höchstens mal noch eine chinesische Reisegruppe. Aufgetafelt wurde stets reichlich. Eine exorbitante Auswahl an Vorspeisen, sodass man für die Hauptspeise schon fast zu satt war. Alles sehr lecker. Aber wahcrscheinlich in Mengen, die der Durchschnittskoreaner selten zu Gesicht bekommt.
Allerdings muss ich an dieser Stelle Berichten widersprechen, die sagen, dass die Geschäfte leer sind und nur ein paar Schaufassaden für die Touristen eingerichtet wurden. Natürlich steht nicht an jeder Ecke ein Aldi, aber Läden waren übers ganze Stadtgebiet verteilt und auch angemessen bestückt. Natürlich kann das auf den Dörfern schon wieder ganz anders aussehen als in der Hauptstadt.
Auch Berichte von ständigen Stromausfällen und dunklen Straßen, in denen nur für die Beleuchtung der Monumente Strom da ist, kann ich nicht bestätigen. Ich hatte den Eindruck einer „normalen“ Großstadt.
Tag 2 in Nordkorea führte über die Autobahn nach Süden zur Grenze in die Demilitarisierte Zone. Hier überland hat sich schon ein anderes Bild präsentiert. Eine leere Autobahn, auf der die Menschen laufen. Viele Menschen, die zu Arbeitseinsätzen unterwegs sind. Alles sehr unorganisiert und primitiv. Auf den Feldern kein schweres Gerät, sondern allenfalls ein Ochse mit einem Pflug wie von vor 100 Jahren. Unter anderen wurden Tunnel gestrichen. Unbeleuchtet. Ca. 50-70 Personen waren beschäftigt. Einer pinselt hier, einer dort, ein dritter steht auf einer Kiste und pinselt überkopf. Und wenn man Glück hatte, stand noch ein vierter dabei und hatte eine Taschenlampe dabei.
Leere Autobahn
Blick nach Süden - In der Mitte der Baracken ist die Grenze (Soldaten stehen nur auf nordkoreanischem Boden)
Die DMZ war auch interessant. Ein Soldat führte herum, wir sahen die Baracken, in denen nach dem Koreakrieg verhandelt wurde. Und in den Baracken, die direkt auf der Grenze stehen, kann man im Innenraum quasi südkoreanischen Boden betreten. Es gab auch ein kurzes persönliches Gespräch mit dem Soldaten (übersetzt natürlich). Als Deutscher bekommt man in Korea schnell Sympathien, da die Koreaner sagen, wir können es nachvollziehen, wie es ist, ein geteiltes Land zu haben.
Natürlich bekommt man bei den ganzen Erklärungen die volle Dröhnung Propaganda. Man sollte aber lächeln und nicken. Seine Kritik kann man sich in dem Moment denken, mehr aber auch nicht. Allerdings ist gerade das auch ein wichtiger Punkt an so einer Reise, denke ich. Denn auch die amerikanische Lesart der koreanischen Geshcichte sehe ich nicht als lupenrein an. Schwarz-Weiß-Denken ist wie überall gefährlich.
Wiedervereinigungsdenkmal Pyongyang (Der Norden und der Süden halten eine vereinigte koreanische Halbinsel hoch)
In der Grenzstadt Kaesong haben wir eine Konfuziusakademie besucht, in der ein bisschen was vom alten Koryo-Königreich ausgestellt war (siehe zB die alten Münzen) und Ginseng-Huhn gegessen. Wahnsinnig entspannend ist, dass keine anderen Touristen da sind. Die Orte strahlen Ruhe und Frieden aus.
Tag drei führte in den Norden: Ins Myohyang-Gebirge zur Internationalen Freunschaftsausstellung. Das ist eine gewaltige Sammlung an Geschenken, die an die Kims aus aller Welt gemacht wurden. Viele kamen von Privatpersonen und Geschäftsleuten, aber auch zahlreiche Staatsmänner waren dabei. Meissner Porzellan von Honecker, Ein Flugzeug von Stalin, Mitterand hat auch was geschenkt, Madelein Albreight, Mugabe, … An dieser Stelle wurde uns der Personenkult nocheinmal so richtig deutlich. Die Führer haben wirklich voller Ehrfurcht und Liebe gesprochen. Das war bizarr, da wir ja so einen Personenkult überhaupt nicht mehr kennen. Die Stimmen haben zT vor Rührung gezittert.
Eingang zur Freundschaftsausstellung
Nach der Freundschaftsaustellung (Fotografieren leider verboten) ging es in einen Tempel und zu einer kleinen Bergwanderung. Korea ist landschaftlich sehr schön!
Pyongyang hat auch sehr moderne Straßenzüge - angeblich wurde dieses Viertel in nur 9 Monaten erbaut
Tag vier blieben wir in Pyongyang zur großen Stadtrundfahrt. Eigentlich hätten wir auch gern den Zirkus besucht, aber der war wegen „Frühjahrsputz“ geschlossen. Vormittags sahen wir das Geburtshaus von Kim il Sung (der Großvater, Staatsgründer). Massen Besucher. Das war eine richtige Wallfahrtsstätte. So langsam gewöhnt man sich an die allgegenwärtige Verehrung. Danach durften wir U-Bahn fahren. Über 100 Meter in der Tiefe gab es Stationen, die an die Paläste der Moskauer Metro erinnern. Und es fahren ehemalige Waggons der Berliner S-Bahn, die gebraucht gekauft wurden. In jedem Waggon hängen aber auch Bilder der beiden Kims. Nur Kim Jong Un, den jetzigen Führer, sieht man nicht. Er möchte nicht dargestellt werden.
Kim Il Sungs Geburtshaus
Danach ging es zu Triumphbogen, Jucheturm (Juche ist die Staatsideologie), Parteigründungsdenkmal und zur Blumenausstellung. Dort gibt es die Kimilsungie, eine Orchidee, und die Kimjongilie, eine Begonie, die beiden Nationalblumen.
Nach dem Mittagessen ging es ins Koreakriegsmuseum. Erst 2015 eröffnet ist es wirklich Top ausgestattet. Die didaktische Qualität ist wirklich ausgesprochen gut, alles wunderbar aufbereitet und sehr anschaulich. Zum Inhalt der Darstellung sollte man in vielen Fällen zwar sicher kritische Distanz bewahren, aber der Besuch hat sich definitiv gelohnt. Drinnen durfte man leider wieder nicht fotografieren. Ich empfehle aber einmal nach „war museum pyongyang lobby“ zu googeln. Allein die Eingangshalle erschlägt einen mit Las-Vegas-Tempelfeeling und überlegensgroßer Statue von Kim-Il-Sung.
Abends gab es schließlich schon das Abschiedsessen. Die Führer waren sehr zuvorkommend und nett. Ich habe vor der Reise auch damit gerechnet, nur wenig fotografieren zu dürfen und mich mehr überwacht zu fühlen, aber beides traf nicht zu. Uns wurde viel ermöglicht und es gab keinerlei Einschränkungen bei den Bildern (außer Militär). Allerdings haben wir den expliziten Hinweis bekommen, dass wir das Hotel nicht alleine verlassen dürfen.
Die Rückreise war dann am Tag 5 mit der Eisenbahn geplant – Schlafwagen nach Peking. Hier fuhren wir nun ohne Begleiter, relativ komfortabel mit reichhaltigem Speisewagenangebot.
Der Grenzfluss zwischen Sinuiju (Nordkorea) links und Dandong (China) rechts
Die letzte Hürde sollte noch die Grenze sein. Ich hab mir schon Gedanken gemacht, wie ich die Fotos noch sichern und notfalls schmuggeln kann, weil wohl auch die Fotos kontrolliert werden und ggf gelöscht, bzw die Karten formatiert werden, wenn etwas unliebsames gesehen wird. Aber auch hier war die Sorge unbegründet. Ja, die Bilder wurden kontrolliert. Aber alles nur halbherzig und dann schnell durchgewunken.
Mein Fazit: Es war eine bizarre Erfahrung mit dem ganzen Personenkult. Es war seltsam, dass sich vieles, wo man im Voraus denkt, das ist so verrückt, das kann doch gar nicht wahr sein, sich doch bewahrheitet… Aber ich würde die Reise definitiv wiederholen. Meine Wünsche sind natürlich beim nordkoreanischen Volk, dass es ihm aus menschenrechtlicher Sicht besser gehen möge. Dass vielleicht eines Tages eine friedliche Vereinigung mit dem Süden wieder möglich ist. Aber so wie ich es erlebt habe, kann ich mir noch nicht vorstellen, wie die Systeme zusammen existieren könnten.
Die Ankunft in Peking war dann ein kleiner Kulturschock. Ein kleiner Abstecher zur Mauer und in die Verbotene Stadt waren auch sehr spannend, aber fordern nach einer eigenen Reise.
P.s. als Info für Weltmünzsammler: mit dem Won kommt man nicht in Kontakt. Man bezahlt mit Euro, Dollar und Renminbi.
Won-Kursmünzen kann man als für Touristen abgepackte Sets kaufen. Ebenso Gedenkmünzen. Ich hab mich aber gegen die Silbermünzen entschieden, die bei über 80€ lagen und zur unedlen Variante gegriffen.
Seitdem hatte ich den Wunsch, dieses Land einmal mit eigenen Augen zu sehen, zumal ich auch die Rückmeldung zum Referat bekommen hatte, dass sich meine Dozentin sehr an die DDR erinnert fühlte. Und da ich zur Wende erst 4 war, war es für mich auch interessant, einen Einblick in diese Geschichte zu bekommen.
Wie es so ist – man vergisst Wünsche und so ziehen die Jahre ins Land. Insofern muss ich Trump sogar fast dankbar sein, dass er mir dieses Ziel wieder in Erinnerung gerufen hat, mit dem Hintergedanken, dass ich es möglichst jetzt anschauen muss, bevor es zu spät ist.
Die moralischen Bedenken, die man ob des Reiseziels haben mag, kann jeder gern mit sich selbst ausmachen. Ich bin aber der Meinung, dass man mit einem Reiseboykott in diesem Fall mehr Schaden als Nutzen bringt. Bei der geringen Anzahl der Touristen (Wiki zitiert für 2014 4-6.000 Personen, meine Reiseführer erzählten von 30.000 – die Wahrheit liegt sicher irgendwo dazwischen), verdient das Regime nur unmaßgeblich. Und es ist definitiv gut, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, statt vom heimischen Sofa nur Parolen eines medial vorgefertigten Weltbildes nachzuplappern.
Man muss sich aber im Klaren sein, dass individuelles Reisen nicht möglich ist. Auch kann es zu spontanen Planänderungen kommen (wie es bei mir auch war) und man ist absolut von der Außenwelt abgeschnitten (kein Mobilfunknetz, kein Internet).
Die Reise wird über eine Agentur gebucht, bei der man auch Besichtigungswünsche abgeben kann. Diese leitet die Agentur an die nordkoreanischen Kontaktagenturen weiter, die ein Programm ausarbeiten.
Das hat alles erstaunlich unkompliziert geklappt. Auch das Visum war schnell ausgestellt. Und so ging es schließlich am Karfreitag los via Helsinki nach Peking, von wo aus die NK-Reisen in der Regel starten. Mit der nordkoreanischen Fluggesellschaft Air Koryo ging es dann nach Pyongyang. Die erste Beobachtung: Wahnsinn, was die Nordkoreaner alles als Gepäck einchecken. Stiegen voll mit Melonen, Kokosnüssen, Pomelos. Kisten, die groß genug sind, damit 5 Koreaner drin Platz finden…
In Korea gelandet, verlief die Einreise viel einfacher als erwartet. Im Vorfeld habe ich mir viele Gedanken gemacht, zB was die Erlaubnis anging, den Fotoapparat mit zu nehmen. Aber ich musste nur meine elektronischen Geräte deklarieren und meine Druckerzeugnisse durchschauen lassen. Aber man muss in diesem Moment natürlich auch so viel Verstand besitzen, dass man sich im Klaren ist, dass man, wenn in so ein Land reist, nicht unbedingt kritische oder respektlose Literatur mitnimmt.
Auf dem Flughafen wurden wir gleich von unseren Führern begrüßt. Ich bin zusammen mit meinem Bruder gereist. Wir haben für unseren Aufenthalt in Korea zwei Führer und einen Fahrer bekommen. Die Führer sprachen sehr gut Deutsch, der Fahrer nur Koreanisch (zumindest wurde uns das so gesagt. Vielleicht war er auch derjenige, der insgeheim alle überwacht hat).
Der erste halbe Tag war von einer Fahrt durch Pyongyang für einen ersten Überblick geprägt – u.a. zum Kim-Il-Sung-Platz, wo die ganzen Militärparaden immer stattfinden. Es ist schon beeindruckend. Pyongyang hat einen recht modernen Eindruck gemacht, gleichzeitig aber auch einen Charme ausgestrahlt, der eine Mischung aus osteuropäischer Platte und Asiatischem Nationalismus war. Überall Propagandatafeln und Portraits von Kim Il Sung und Kim Jong Il.
Abends gab es dann Essen im „Lokalrestaurant“. In der Regel waren wir die einzigen Gäste. Ab und zu höchstens mal noch eine chinesische Reisegruppe. Aufgetafelt wurde stets reichlich. Eine exorbitante Auswahl an Vorspeisen, sodass man für die Hauptspeise schon fast zu satt war. Alles sehr lecker. Aber wahcrscheinlich in Mengen, die der Durchschnittskoreaner selten zu Gesicht bekommt.
Allerdings muss ich an dieser Stelle Berichten widersprechen, die sagen, dass die Geschäfte leer sind und nur ein paar Schaufassaden für die Touristen eingerichtet wurden. Natürlich steht nicht an jeder Ecke ein Aldi, aber Läden waren übers ganze Stadtgebiet verteilt und auch angemessen bestückt. Natürlich kann das auf den Dörfern schon wieder ganz anders aussehen als in der Hauptstadt.
Auch Berichte von ständigen Stromausfällen und dunklen Straßen, in denen nur für die Beleuchtung der Monumente Strom da ist, kann ich nicht bestätigen. Ich hatte den Eindruck einer „normalen“ Großstadt.
Tag 2 in Nordkorea führte über die Autobahn nach Süden zur Grenze in die Demilitarisierte Zone. Hier überland hat sich schon ein anderes Bild präsentiert. Eine leere Autobahn, auf der die Menschen laufen. Viele Menschen, die zu Arbeitseinsätzen unterwegs sind. Alles sehr unorganisiert und primitiv. Auf den Feldern kein schweres Gerät, sondern allenfalls ein Ochse mit einem Pflug wie von vor 100 Jahren. Unter anderen wurden Tunnel gestrichen. Unbeleuchtet. Ca. 50-70 Personen waren beschäftigt. Einer pinselt hier, einer dort, ein dritter steht auf einer Kiste und pinselt überkopf. Und wenn man Glück hatte, stand noch ein vierter dabei und hatte eine Taschenlampe dabei.
Die DMZ war auch interessant. Ein Soldat führte herum, wir sahen die Baracken, in denen nach dem Koreakrieg verhandelt wurde. Und in den Baracken, die direkt auf der Grenze stehen, kann man im Innenraum quasi südkoreanischen Boden betreten. Es gab auch ein kurzes persönliches Gespräch mit dem Soldaten (übersetzt natürlich). Als Deutscher bekommt man in Korea schnell Sympathien, da die Koreaner sagen, wir können es nachvollziehen, wie es ist, ein geteiltes Land zu haben.
Natürlich bekommt man bei den ganzen Erklärungen die volle Dröhnung Propaganda. Man sollte aber lächeln und nicken. Seine Kritik kann man sich in dem Moment denken, mehr aber auch nicht. Allerdings ist gerade das auch ein wichtiger Punkt an so einer Reise, denke ich. Denn auch die amerikanische Lesart der koreanischen Geshcichte sehe ich nicht als lupenrein an. Schwarz-Weiß-Denken ist wie überall gefährlich.
Wiedervereinigungsdenkmal Pyongyang (Der Norden und der Süden halten eine vereinigte koreanische Halbinsel hoch)
In der Grenzstadt Kaesong haben wir eine Konfuziusakademie besucht, in der ein bisschen was vom alten Koryo-Königreich ausgestellt war (siehe zB die alten Münzen) und Ginseng-Huhn gegessen. Wahnsinnig entspannend ist, dass keine anderen Touristen da sind. Die Orte strahlen Ruhe und Frieden aus.
Tag drei führte in den Norden: Ins Myohyang-Gebirge zur Internationalen Freunschaftsausstellung. Das ist eine gewaltige Sammlung an Geschenken, die an die Kims aus aller Welt gemacht wurden. Viele kamen von Privatpersonen und Geschäftsleuten, aber auch zahlreiche Staatsmänner waren dabei. Meissner Porzellan von Honecker, Ein Flugzeug von Stalin, Mitterand hat auch was geschenkt, Madelein Albreight, Mugabe, … An dieser Stelle wurde uns der Personenkult nocheinmal so richtig deutlich. Die Führer haben wirklich voller Ehrfurcht und Liebe gesprochen. Das war bizarr, da wir ja so einen Personenkult überhaupt nicht mehr kennen. Die Stimmen haben zT vor Rührung gezittert.
Eingang zur Freundschaftsausstellung
Nach der Freundschaftsaustellung (Fotografieren leider verboten) ging es in einen Tempel und zu einer kleinen Bergwanderung. Korea ist landschaftlich sehr schön!
Pyongyang hat auch sehr moderne Straßenzüge - angeblich wurde dieses Viertel in nur 9 Monaten erbaut
Tag vier blieben wir in Pyongyang zur großen Stadtrundfahrt. Eigentlich hätten wir auch gern den Zirkus besucht, aber der war wegen „Frühjahrsputz“ geschlossen. Vormittags sahen wir das Geburtshaus von Kim il Sung (der Großvater, Staatsgründer). Massen Besucher. Das war eine richtige Wallfahrtsstätte. So langsam gewöhnt man sich an die allgegenwärtige Verehrung. Danach durften wir U-Bahn fahren. Über 100 Meter in der Tiefe gab es Stationen, die an die Paläste der Moskauer Metro erinnern. Und es fahren ehemalige Waggons der Berliner S-Bahn, die gebraucht gekauft wurden. In jedem Waggon hängen aber auch Bilder der beiden Kims. Nur Kim Jong Un, den jetzigen Führer, sieht man nicht. Er möchte nicht dargestellt werden.
Kim Il Sungs Geburtshaus
Danach ging es zu Triumphbogen, Jucheturm (Juche ist die Staatsideologie), Parteigründungsdenkmal und zur Blumenausstellung. Dort gibt es die Kimilsungie, eine Orchidee, und die Kimjongilie, eine Begonie, die beiden Nationalblumen.
Nach dem Mittagessen ging es ins Koreakriegsmuseum. Erst 2015 eröffnet ist es wirklich Top ausgestattet. Die didaktische Qualität ist wirklich ausgesprochen gut, alles wunderbar aufbereitet und sehr anschaulich. Zum Inhalt der Darstellung sollte man in vielen Fällen zwar sicher kritische Distanz bewahren, aber der Besuch hat sich definitiv gelohnt. Drinnen durfte man leider wieder nicht fotografieren. Ich empfehle aber einmal nach „war museum pyongyang lobby“ zu googeln. Allein die Eingangshalle erschlägt einen mit Las-Vegas-Tempelfeeling und überlegensgroßer Statue von Kim-Il-Sung.
Abends gab es schließlich schon das Abschiedsessen. Die Führer waren sehr zuvorkommend und nett. Ich habe vor der Reise auch damit gerechnet, nur wenig fotografieren zu dürfen und mich mehr überwacht zu fühlen, aber beides traf nicht zu. Uns wurde viel ermöglicht und es gab keinerlei Einschränkungen bei den Bildern (außer Militär). Allerdings haben wir den expliziten Hinweis bekommen, dass wir das Hotel nicht alleine verlassen dürfen.
Die Rückreise war dann am Tag 5 mit der Eisenbahn geplant – Schlafwagen nach Peking. Hier fuhren wir nun ohne Begleiter, relativ komfortabel mit reichhaltigem Speisewagenangebot.
Der Grenzfluss zwischen Sinuiju (Nordkorea) links und Dandong (China) rechts
Die letzte Hürde sollte noch die Grenze sein. Ich hab mir schon Gedanken gemacht, wie ich die Fotos noch sichern und notfalls schmuggeln kann, weil wohl auch die Fotos kontrolliert werden und ggf gelöscht, bzw die Karten formatiert werden, wenn etwas unliebsames gesehen wird. Aber auch hier war die Sorge unbegründet. Ja, die Bilder wurden kontrolliert. Aber alles nur halbherzig und dann schnell durchgewunken.
Mein Fazit: Es war eine bizarre Erfahrung mit dem ganzen Personenkult. Es war seltsam, dass sich vieles, wo man im Voraus denkt, das ist so verrückt, das kann doch gar nicht wahr sein, sich doch bewahrheitet… Aber ich würde die Reise definitiv wiederholen. Meine Wünsche sind natürlich beim nordkoreanischen Volk, dass es ihm aus menschenrechtlicher Sicht besser gehen möge. Dass vielleicht eines Tages eine friedliche Vereinigung mit dem Süden wieder möglich ist. Aber so wie ich es erlebt habe, kann ich mir noch nicht vorstellen, wie die Systeme zusammen existieren könnten.
Die Ankunft in Peking war dann ein kleiner Kulturschock. Ein kleiner Abstecher zur Mauer und in die Verbotene Stadt waren auch sehr spannend, aber fordern nach einer eigenen Reise.
P.s. als Info für Weltmünzsammler: mit dem Won kommt man nicht in Kontakt. Man bezahlt mit Euro, Dollar und Renminbi.
Won-Kursmünzen kann man als für Touristen abgepackte Sets kaufen. Ebenso Gedenkmünzen. Ich hab mich aber gegen die Silbermünzen entschieden, die bei über 80€ lagen und zur unedlen Variante gegriffen.
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